„Herz, Sex und Spirit – Quellen unserer Menschlichkeit in einer fragmentierten Zeit“
Für viele war es das erste Mal, wieder in einer großen Gruppe zu sein. Tiefe Begegnungen mit anderen Menschen zu haben, sich verletzlich zu zeigen, lebendig zu sein und gemeinsam zu forschen. Das Großzelt wurde Heimat für 199 Gäste und die ZEGG Gemeinschaft. Über die fünf Tage entstand Verbundenheit, Berührtheit, Auseinandersetzung und Ko-Kreation. Einige Resumées des letzten Tages, aufgefangen von Alicia Dieminger
Matthias: „Ich habe nach dem Vormittag im Großzelt ein Wunder erlebt: Plötzlich hat sich die Dynamik zwischen meiner Freundin und mir verändert, so dass die Liebe mehr fließen kann. Das mag kitschig klingen, aber sie und auch mich hat was tief berührt bei dem Vortrag und Film. Eine gewisse Verachtung für Männer durch Frauen war nicht mehr da, ein sonst spürbares Gegeneinander. Statt dessen gab es ein Miteinander. Und diese Erfahrung haben wir jetzt gemacht und das ist wie ein Anker, auch wenn es im Alltag vielleicht noch mal schwierig wird.“
Julia: „Ich habe das Gefühl, ich komme aus dem Berührtsein gar nicht mehr heraus. Ich bin zum dritten Mal bei einem Festival im ZEGG und komme hier auf eine Art und Weise nach Hause, wie ich es aus meiner Heimat gar nicht kenne. Dieses Mal hatte ich so einen Hunger nach Gemeinschaft nach der Coronazeit. Wenn ich hier herkomme, dann sinke ich jeden Tag energetisch und tiefer in meinen Körper hinein und das erlebe ich auch bei anderen. Und dann werden ganz zauberhafte Begegnungen möglich, ein viel ruhigerer Blick...
Und es dauert vielleicht Minuten, bis überhaupt etwas gesprochen wird. Ich habe hier z.B. jemanden nach sechs Jahren wieder getroffen und jetzt sind wir uns so tief begegnet, dass wir auf eine gemeinsame Forschungsreise gehen.“
Joachim: „Ich habe gespürt, wie es in mir als männlichem Wesen die tiefe Sehnsucht gibt, meine Verletzlichkeit zu zeigen. Und früher dachte mein kindlicher Anteil, dafür müsse mir jemand den roten Teppich ausrollen. Heute bin ich erwachsen und kann das selbst. Und war trotzdem so dankbar, dass ich hier Begegnungen hatte, wo zum Beispiel eine Person mir einfach zugehört, Präsenz geschenkt und im richtigen Moment die Hand auf’s Knie gelegt hat.“
Zordan: „Der Grund für mich herzukommen, war: Ich will mal wieder Urlaub machen und ich will mal wieder meine Größe fühlen. Ich war durch die letzte Zeit in mir viel feiner geworden, weicher, herzoffener – und scheu. Und dachte: Das Beste ist dann in diesen gehaltenen Raum hier zu kommen, inspirierenden Input zu haben und schönen Menschen zu begegnen.
Ich hatte hier ein Feld, wo ich im Gegensatz zu früher gar nicht flirty drauf war und statt dessen im Kontakt mit meinem scheuen Wesen, meiner Zartheit, meinem Nichtwissen – und das mitten unter Menschen. Normalerweise ziehe ich mich damit zurück. Und dann einfach zu testen, wie ist das, wenn ich so ins Großzelt gehe: Wie bewege ich mich rein, wo sind meine Impulse, wie kann ich mit meiner Zartheit bleiben? Ich bin sehr beseelt, dass ich hier den Raum dafür hatte. Die Moderationen waren dafür auch sehr hilfreich...“
Sadhana: „Dieses Mal habe ich es so empfunden, dass die Bewohner*innen des ZEGG und die Gäste mehr auf Augenhöhe waren. Durch all das, was in den letzten zwei Jahren passiert ist, hatte ich den Eindruck von mehr Demut bei den ZEGGies (à la „Uns beutelt es auch“) und dadurch kam es für mich zu einer Festivalgemeinschaft, die sich wie ein lebendiges, pochendes Wesen anfühlte. Ich war in der Gruppe „Wir sexuelle Wesen“ und bin dort wegen des Themas Diversität hin. Das ist auch der Punkt, den ich mir noch mehr wünsche, dass Non-Binäres im ZEGG mehr erforscht wird: weniger Mann – Frau, weniger Polarisierung, weniger Du – Ich, weniger Gemeinschaft – Gäste. Statt dessen: Wir erforschen gemeinsam. Nicht mehr: Wir im ZEGG forschen für euch. Sondern: Ihr kommt und dann erforschen wir gemeinsam, was sich bildet und entstehen möchte.“
Heiko: „Ich bin als langjähriger Gast zum Festival gekommen, um zu checken, ob die „Arche Noah ZEGG“ den Sturm gut überstanden hat. Und bin beruhigt. Der Wind weht immer in Richtung Paradies. Es reicht, wenn du und ihr wieder die Segel setzt!“
Christa: „Ich hatte mich sehr kurzfristig angemeldet und die Angst, die wollen mich aufgrund meines Alters (82) vielleicht gar nicht haben. Und dann wurde alles möglich gemacht, damit ich sogar noch ein Einzelzimmer bekam.
Was mich am meisten berührt hat, waren die Berührungen. Sich einfach in den Arm zu nehmen. Da war ich in letzter Zeit sehr vereinsamt, mein Mann ist vor einem Jahr gestorben und meine Kinder wollten mich wegen Corona auch nicht mehr umarmen. Das hat mir hier unendlich gut getan!
Und was Dolores am ersten Morgen sagte als Einführung, das war mir nicht neu, aber trotzdem wunderbar formuliert und eine Inspiration für meinen spirituellen Weg.“