Andreas Borucki berichtet über seine persönlichen Erfahrungen im fünfwöchigen Gemeinschaftskurs März/ April 2022. Dieser Kurs ist eine Voraussetzung für den Einstieg im ZEGG, viele der Teilnehmer:innen bleiben danach auch für ein weiteres halbes Jahr als Saisonmitarbeiter:innen im ZEGG.
Mir war bewusst, dass ich in einem schlechtem Zustand im ZEGG ankam, ich war vorher lange krank gewesen. Ich versuchte etwas gegenzusteuern, rotes Hemd, neuer Haarschnitt, Haare und Bart lackschwarz gefärbt, ein etwas müder Auftritt, aber mit Attitüde, stolz wie ein Spanier oder eher Harald Glöckler.
Alle Frauen lachten mich an, vom Empfang bis zur Dorfkneipe. Die Teilnehmer:innen im Gemeinschaftskurs waren auch super nett. Ich war es auch. Ich kam anfangs mit den Übungen gut mit, ich hatte ja GFK-Erfahrung. Dann wurde es herausfordernder. Es gab eine Partner-Übung: Was wäre wenn das ABSOLUT ERLAUBT wäre?
Ich übte mit S.. Ich: „Fühle in deinen Körper hinein. Was spürst du?“. Sie: „Mein Knie juckt“. „Was wäre wenn das ABSOLUT ERLAUBT wäre?“. Sie: „Es juckt noch mehr“. „Was wäre wenn das ABSOLUT ERLAUBT wäre?“. Sie: „Eine Spannung im Oberkörper“. „Was wäre wenn das ABSOLUT ERLAUBT wäre?“: „Mein Bauch juckt. Ich muss mich kratzen“.. „Was wäre wenn das ABSOLUT ERLAUBT wäre?“ : „Ich muss pinkeln!“. Als sie zurückkam, übten wir umgekehrt. Ich stellte fest, dass mein Körper ebenfalls voller Spannung und voller Sehnsucht war und dass die Formel „Was wäre wenn das ABSOLUT ERLAUBT wäre“ sehr befreiend war.
Dann die Herzgespräche: Jemandem vorbehaltlos, präsent, liebevoll und ohne Wertung zuhören. Ich war gegenüber meiner Übungspartnerin voreingenommen gewesen, Y. hatte gewaltige Sorgenfalten im sonst jugendlichen Gesicht, sie sprach umständlich, wirkte unsicher, wütend und traurig. Ich dachte: Was ist denn mit der los? Während des Herzgesprächs fand ich eine tiefe Verbindung zu ihr: ich konnte sie so sein lassen, wie sie ist und sie voll annehmen. Mir kamen die Tränen, denn das war mir mit meiner Lebensgefährtin nie so gelungen.
In der Übung Verlassenheit vs. Vereinnahmung wurden C. und ich als innere autonome und abhängige Anteile von B. aufgestellt. Wir sollten dann miteinander in Verbindung kommen, ich versuchte es, doch C. fragte immer noch: „Was willst du von mir? Machst du dich über mich lustig? Warum zeigst du deine Gefühle nicht? Du bürdest die ganze Verantwortung für unsere Beziehung mir auf!“. Auch das kam mir bekannt vor.
In einer Forums-Übung erkannte ich, dass ich den Ort meiner körperlichen Liebe nicht fühlen konnte. Ich legte mich auf den Boden, öffnete meine Hüften und fühlte das Geben und Nehmen von spiritueller und erotischer Energie. Danach machten mir Berührungen keine Angst mehr. Im Öl-Ritual mit der gesamten Gruppe erlebte ich dann nie gekannte Einheitsgefühle. Nie zuvor in meinem Leben war ich so einverstanden mit allem, was geschieht.
Beim Schwellengang in der Natur ging ich durch den Hinterausgang des ZEGG in den Wald, stieg über einen querliegenden Baumstamm und stellte mir die Frage: Was soll ich tun?
Ich stieg einen Hang hinab und stieß auf einen jungen Baum, den jemand gespalten und eine Jakobsmuschel in den Spalt geklemmt hatte, darüber hing ein Tierschädel, umwunden mit schwarzem Bindfaden. Ich betrachtete den Fetisch genauer und sah, dass die Lotlinie des schwarzen Fadens, der von dem Schädel nach unten hing, die Jakobsmuschel verfehlte. Was sollte das bedeuten?„Die gerade Linie verfehlt das Ziel“?
Sollte ich dieses Jahr nicht ins ZEGG ziehen? Welchen Umweg sollte ich gehen?
Ich lief tiefer in den Wald hinein, um nach weiteren Zeichen zu suchen. Irgendwann tauchte ein Anwesen auf, wie ein Traumbild des ZEGG. Am Zaun saß eine weißgekleidete Frau und rief mir zu: „Haben Sie sich verlaufen?“. Sie saß zwischen fünf Bienenstöcken in einer Wolke summender Bienen. Ich rief: „Ich möchte zurück zum ZEGG.“
„Es ist besser, Sie kommen hier entlang“. Ich fragte: „Haben Sie eine Weisheit für mich? Einen Kalenderspruch?“ Sie kam auf mich zu. Ich merkte, dass ich nun auch in der Bienenwolke stand. Sie zeigte mir eine Zeichnung: „Das habe ich mit meinem Kind zusammen gemalt: ‚Im Jahr 2022 verlässt das Pyth (nicht fragen! Das heißt so!) das große graue Haus und fliegt dahin, wo es schön ist’.“
Das ist mein Orakel! Ich frage sie, wie der Platz heißt, der wie ein verwunschenes ZEGG aussieht: „Das ist der Paradiesplatz“. Ich denke: "Ja klar, was sonst". Ich verabschiede mich freundlich, gehe 2x links und komme zurück zum ZEGG. Sorgsam achte ich darauf, auf dem Rückweg die Schwelle nicht zu verfehlen, ich will nicht für immer in dieser Zwischenwelt bleiben.
Direkt dahinter kommt mir Markus entgegen und grüßt freundlich, mein Kursleiter und Lehrer, der zusammen mit Barbara und Veronika das Wunder an uns vollbracht hat, das wir beim Abschlussfest mit einem Sprechchor feiern: „Ihr habt uns verwebt und verknotet, ihr seid unser Glück!“.