Ein Fortschrittsbericht von Cordula Andrä 

Seit 2014 nutzen wir im ZEGG soziokratische Methoden, die wir  immer weiter entwickeln und zu verfeinern. Soziokratie bringt neben der Kreiskultur, die die kollektive Intelligenz stärkt auch die Vorteile einer hierarchischen Organisation wie mehr Effizienz und Handlungsfähigkeit mit. So ist die Zusammenarbeit in den Arbeitskreisen der ZEGG gGmbH in den letzten Jahren klarer und effektiver geworden. Wir nutzen die dynamische Steuerung, um schneller Entscheidungen treffen zu können. Es gibt klare Zuständigkeiten und eine Feedbackkultur durch soziokratische Entwicklungsgespräche und ZEGG-Forum. Und wir sind immer noch auf dem Weg der Implementierung und Vertiefung der Soziokratie. Dazu gehört, dass wir unsere gewachsene Kreislandschaft  neu organisieren wollen.

Ein Platz für die Gemeinschaft

Die  Weiterentwicklung der Kreislandschaft des ZEGG hat verschiedene Aspekte. Einer davon ist, der Gemeinschaft in unserer Struktur den richtigen Platz  zu geben. Das ist keine einfache Aufgabe, denn die Gemeinschaft hat im ZEGG sehr unterschiedliche Rollen. Wie diese Rollen gut abgebildet werden können, darüber machen wir uns Gedanken.

Rolle der Gemeinschaft als sozialer Organismus

Ganz schlicht umfasst die Gemeinschaft alle Menschen, die im ZEGG leben. Als solche gibt sie sich ein soziales Miteinander, eine Kultur, Regeln und Rituale. Dazu gehören das Wohnen, die Begleitung und Integration der Neuen und die Vertiefung der Gemeinschaft als Gruppe. Für all diese Aspekte gibt es den Sozialstern, der die sozialen Aspekte der Gemeinschaft bündelt und organisiert. Er ist mit Kreisleitung und Delegierte*r im Management, dem momentan höchsten Kreis des ZEGG vertreten. Diese besondere Schnittstelle funktioniert gut und soll in der neuen Kreislandschaft erhalten bleiben.

Rolle der Gemeinschaft als Trägerin der Bildungsabeit

In Gemeinschaft erforschen wir persönliche und kulturelle Bedingungen für Vertrauen, Liebe und Kooperation. Dies ist die Grundlage für unsere Bildungsarbeit. Sie bietet geschützte und experimentelle Räume für lebendiges Lernen, transformatorische Prozesse und Bewusstseinsentwicklung. (Auszug aus der Mission des ZEGG)

Die Gemeinschaft erschafft auch die Bildungsarbeit des ZEGG. Ganz konkret stellt sie viele der Mitarbeiter*innen und Kursleiter*innen des Bildungszentrums. Die ZEGG-Festivals werden von allen gemeinsam kreiert und umgesetzt - sei es in Programmgestaltung, Küche, Gruppenleitung oder Putzdienst. In Intensivzeiten der Gemeinschaft werden die Inhalte der Festivals entwickelt.
In den letzten Jahren gab es ZEGG-intern den Wunsch nach mehr Abgrenzung zwischen Gemeinschaft und Betrieb und nach einer Aufwertung der Gemeinschaft. Das ist auf einer Ebene sinnvoll, etwa wenn es um die Entflechtung der gemeinnützigen GmbH und der Gemeinschaft geht. Auf einer höheren Ebene soll die neue Kreislandschaft beides in einem größeren Ganzen miteinander verbinden nach dem Motto "Alles ist das ZEGG". Bildungszentrum und Gemeinschaft gehören zusammen, das ist auch eine Essenz unserer Mission.

Rolle der Gemeinschaft als Eigentümerin des ZEGG

Das höchste Gremium im ZEGG ist der ZEGG Trägerverein e.V. als Hauptgesellschafterin der gGmbH. Er ist Auftraggeber für das Bildungszentrum, wählt die Geschäftsführung der gGmbH und entscheidet über weitreichende strategische Fragen (wie die Umwandlung in eine gemeinnützige GmbH oder den Ausbau des Hauptgebäudes). Teil davon sind alle Gemeinschaftsmitglieder.
In ihrer Rolle als Auftraggeberin und Eigentümerin hat die Gemeinschaft bisher praktisch zu wenig Möglichkeiten, Einfluß zu nehmen. Sie trifft sich zwar in der Vollversammlung, in der 30 bis 60 Menschen mit einem Vorlauf von 2 Wochen Entscheidungen treffen. Doch das vollzieht sich  naturgemäß eher schwerfällig. Auch deshalb hat das Bildungszentrum in dem letzten Jahren ein stärkeres Gewicht bekommen, weil es in der gGmbH funktionierende Strukturen gibt. Gezeigt hat sich das beim Umgang mit Corona im ZEGG. Hier hat das Management viel Verantwortung übernommen. Seine Entscheidungen wurden zwar mit der Gemeinschaft rückgekoppelt, die Gemeinschaft hat aber keine eigenständigen Lösungen entwickelt und zur Abstimmung gebracht.
In der neuen Kreislandschaft soll es nun einen Top-Kreis geben, der vom Vorstand des Trägervereins geleitet wird. Der Top-Kreis sorgt für die Ausrichtung auf die Vision, für Anbindung an die Welt, für Rechtssicherheit und finanzielle Stabilität. Nicht indem er all das selbst umsetzt, sondern indem er in größeren Abständen schaut, ob es gut läuft und das ZEGG auf der Spur seiner Vision ist. Seine Mitglieder werden von der Gemeinschaft gewählt. Die Gemeinschaft bekäme so mehr Gewicht im Gesamtsystem und könnte ihre Aufgabe als Auftraggeberin für das Bildungszentrum klarer zu sich nehmen.

Bei all dem wird deutlich: Alle Rollen der Gemeinschaft sind miteinander verwoben und lassen sich nicht ganz klar trennen. So braucht zum Beispiel die Bildungsarbeit das soziale Leben, wenn die Erfahrungen aus dem Gemeinschaftsleben über unsere Bildungsangebote weitergegeben werden an die Gäste.

Ein Kreis für Organisations-Evolution

Wer setzt das alles um? Wir haben  2017  einen Organisationsentwicklungskreis ins Leben gerufen. Er wird geleitet von Nico Roth; dabei sind außerdem Dirk Adams, Zisula Cordaches und seit neustem Benno Flory und Sebastian Prüfer. Der OE-Kreis berät das Management und unterstützt die Kreise in ihrer Selbstorganisation. Zur Zeit hilft er vor allem bei der Erstellung der Domänen. Dabei widmen sich die Kreise ihrer Vision und ihren Aufgaben und klären in Zusammenarbeit mit dem nächsthöheren Kreis, über welche Fragen sie eigenständig entscheiden dürfen. Das fördert die Selbstständigkeit der Kreise über eine klare Einbettung ins Gesamtsystem. Im Rahmen ihrer Domäne sind die Kreise autonom, für das was darüber hinaus geht, müssen sie den nächsthöheren Kreis fragen. Der OE-Kreis sorgt außerdem dafür, dass mehr Moderator*innen ausgebildet werden, die in wichtigen Kreistreffen unterstützen. Mit kreisexterner und ausgebildeter Moderation kommen bessere Ergebnisse zustande und die Kreismitgliedern verstehen leichter, wie Soziokratie funktioniert. Schade ist, dass es dem OE-Kreis manchmal ein wenig an Schubkraft fehlt, weil viele der Beteiligten nur wenig Zeit einbringen können.

Ausblick

Wir gehen davon aus, dass es mindestens 2 Jahre dauern wird, bis wir die neue Kreislandschaft ins Leben gebracht haben. Aber die Vision ist schon mal da und löst bei vielen Freude aus.