von Barbara Stützel
„Und - wie bist du auf uns aufmerksam geworden?“ wird ein Gast im Sommercamp gefragt. Seine Antwort lässt aufhorchen: „ Ich arbeite bei der GLS Bank. Und mir ist aufgefallen, dass es hier in der Region besonders viele Konten bei unserer Bank gibt. Da fragte ich mich, was da wohl dahinter steckt und begann zu recherchieren. Und fand so das ZEGG.“
Der Hohe Fläming – wer ihm heute begegnet, findet eine lebendige Region vor, in der viele alternative Projekte Schulter an Schulter mit brandenburgischer Dorfidylle leben. Diese Vielfalt gab es nicht immer.
Als das ZEGG 1991 hier startete, trafen Menschen aus Westdeutschland, die in einer Gruppe zusammen leben wollten, auf Menschen, deren Staat sich nach der Wende vom Gruppendenken mehr hin zum Individuum bewegte. Menschen, die aus dem Leistungsdenken aussteigen wollten trafen auf andere, die damit gerade verstärkt in Berührung kamen. Es gab wenig Brücken. Denn auch die ZEGG Bewohner*innen waren ja wegen der Gemeinschaft gekommen und nicht aus Liebe zu Belzig. Zunächst lebten also die Paralleluniversen lange nebeneinander her. Mit wohlwollenden Blicken von Seiten der Verwaltung, neugierigen Blicken von Seiten einiger Alternativer und kritischen Blicken des Rests der Bevölkerung.
Dann begannen Kooperationspunkte – ein Forum gegen Rechts, das Infocafé „Der Winkel“ (Anlaufstelle für Geflüchtete), die Gründung einer Freien Schule, Kulturinitiativen (s. Foto), Open Space Konferenzen für die Region. Mehr Menschen wurden aufmerksam auf die Zugezogenen, schienen sie doch nicht ganz so weltfremd wie man anfangs dachte. „Ich arbeite gerne mit Euch aus dem ZEGG zusammen, weil ich merke, dass ihr Euch für die Sache einsetzt, Euer Engagement macht ihr nicht für Geld oder Anerkennung. Und wenn ihr was macht, dann bleibt ihr dran.“ So formulierte es einmal die damalige Bürgermeisterin Barbara Klembt aus Wiesenburg.
Im ZEGG gibt es immer wieder Umbruchphasen, Menschen ziehen ein und auch wieder aus. Sie fühlen sich aber bis dahin in der Region so wohl, dass sie hier bleiben. Und es sind engagierte Menschen, die dann wieder neue Gemeinschaften, Gruppen und Projekte gründen. Die Hofgemeinschaft Lübnitz ist daraus hervorgegangen, Gemeinschaften in Reetz, Kranepuhl, nachbarschaftliches Leben in Schmerwitz, der HeilOrt ist in Planung. Zudem gibt es viele Gäste des ZEGG, die auf der Suche nach neuen Wirkungsfeldern sind. Manche ziehen in die Gemeinschaft, anderen ist die Dichte dort zu hoch und sie möchten aber gerne in Tuchfühlung bleiben und ziehen deswegen in die Nähe des „Mutterschiffs“.
Es gab und gibt Treffpunkte wie die Fläming Sauna im ZEGG, den Hofladen in Lübnitz (jetzt in Bad Belzig), den Belziger Altstadtsommer, Chöre, Mals Scheune für Konzerte, natürlich die Steintherme u.v.m. Die Region ist so klein, dass man sich immer wieder über den Weg läuft und umeinander weiß. Und so groß, dass jede Person Menschen finden kann, mit denen sie etwas teilt. Alles wird verbunden durch einen privat organisierten E-Mail-Verteiler, den derzeit ca. 1.000 Menschen abonniert haben. Hier gibt es alle möglichen Angebote: Feldenkrais und Schwitzhütten, Arbeits- und Wohnungsmarkt, Feste und Kultur. Der Fläming ist meine Gemeinschaft, so sagen viele.
Inzwischen steht das ZEGG ein bisschen weniger im Mittelpunkt, denn jetzt ziehen viele Menschen her, weil der Fläming selbst so attraktiv geworden ist. „Nur die aus dem ZEGG, die kommen nicht so oft raus, wie wir uns das wünschen würden“, sagen die Zugezogenen. „Die sind wohl mehr mit sich beschäftigt.“
Und ja, dies ist ein Wermutstropfen. Alleine im ZEGG ist die Dichte an Angeboten, Treffen, Festen, Kino, Sauna etc. so groß, dass die Neugier auf die Umgebung aus Kapazitätsgründen oft nicht so groß ist. Es gibt Einzelne, die Projekte starteten – mit Geflüchteten, „Bad Belzig spricht“, den Kulturhof beim Altstadtsommer, Engagement in Parteien u.a. Aber letztes Jahr tat Corona noch seins dazu. Die üblichen Treffpunkte fielen weg, die Gemeinschaft konzentrierte sich vermehrt auf sich und nötige Klärungsprozesse. Vielleicht hat ja die neue Konzentration darauf auch wieder Energie und Impulse für ein anderes „Normal“ nach Corona geschaffen. Wir freuen uns jedenfalls darauf, bald wieder Gäste zu haben und diese Begegnungen stärker zu genießen, wenn wir wieder die Möglichkeit dazu haben.