von Annik Trauzettel

Wenn man an so einem paradiesischen Ort lebt, braucht es doch keine Urlaubsreise, oder? Wenn der Alltag eingebettet ist in schönste Natur, der Platz, an dem man lebt, liebt, arbeitet, einem Retreat-Ort gleicht, fährt man dann noch weg?

Einer unserer Mitbewohner wurde von einer Besucherin gefragt, warum er denn in den Urlaub fahre, schließlich sei der Platz ja ein Paradies. Auch uns Bewohner*innen ist klar, dass wir an einem wunderschönen Ort leben. Unser Platz befindet sich inmitten der Natur und es gibt so viele Möglichkeiten, Urlaub vom Alltag zu machen. So können wir uns in der Dorfkneipe ein Eis kaufen, am Löschteich in der Sonne liegen, einen Waldspaziergang machen, in der Bibliothek in einem Sessel lümmeln und schmökern, auf der Terrasse sitzen und ein langes Frühstück genießen, in einer Hängematte liegen und die Seele baumeln lassen, im Raum der Stille in Meditation versinken, nachts in den von wenig Kunstlicht beeinflussten Sternenhimmel schauen.

Hängematte im ZEGG

Und doch brauchen auch die ZEGG-Bewohner*innen hin und wieder einen Tapetenwechsel. Sei es, die Welt zu erkunden und etwas anderes zu entdecken, sei es Familie, Freunde und Bekannte zu besuchen, sei es, aus ihrem gewohnten Umfeld auszubrechen. Denn im ZEGG den Lebensmittelpunkt zu haben, heißt, dass wir hier leben, lieben, Gemeinschaftsdienste verrichten, familiär und / oder freundschaftlich verbunden sind und bei vielen ist das ZEGG zugleich der Arbeitsplatz. Ein Wechsel der Umgebung kann helfen, wirklich aus der Verantwortung des Arbeitsbereiches auszusteigen, wirklich mal nicht erreichbar zu sein und nicht am Abendessensbuffet von Kolleg*innen oder Menschen mit einem Anliegen angesprochen zu werden.

Ein Urlaub außerhalb bringt auch noch mal ins Bewusstsein, wie die Welt außerhalb des Geländes aussieht und lässt uns die Dinge am Platz oft wieder mehr schätzen. Einmal bin ich zurück ins ZEGG gekommen, habe nachts in den Himmel geblickt und mir gedacht: „Zuhause ist, wo man die Sterne so klar sehen kann!“ Andere wissen unsere leckere vegetarische und vegane Küche wieder richtig zu schätzen nach einem Urlaub mit Selbstversorgung oder magerer Vegetarier-Karte in Dorfgaststätten. Das heißt nicht, dass im ZEGG alles prinzipiell besser ist – auch „Ich habe den besten veganen Kuchen aller Zeiten gegessen!“, kann eine Urlaubserzählung sein. Und natürlich die Begeisterung über Bergtouren, Wassersport, exotisches Essen und andere Dinge, die man im Fläming eben nicht so gut machen kann.

Wie sieht das denn ganz praktisch aus, wo machen die ZEGG-Bewohner*innen Urlaub? Da ist fast alles dabei von Alpenüberquerungen über Radwanderung quer durch Deutschland bis Ostseeurlaub. Es gibt auch Personen, die nach Thailand geflogen sind, auf die Kanaren oder nach Marokko. (Inzwischen haben wir die Vereinbarung, Flugreisen vorher mit einigen Menschen aus der Gemeinschaft zu besprechen, die Reise in einer für alle zugänglichen Tabelle zu erfassen und in einen Ökofonds einzuzahlen, da wir uns mehr und mehr auch unsere privaten Entscheidungen anschauen wollen, wenn es um Ökologie geht.) Andere wiederum bleiben ganz in der Nähe, besuchen befreundete Höfe oder Gemeinschaften oder sind einfach im schönen Fläming unterwegs. Immer dabei – die Wiedersehensfreude auf die Gemeinschaft und diesen paradiesischen Platz, den wir unser Zuhause nennen.