{jcomments on}Kulturwandel auch in der IT
von Lennart Schütz
In den letzten Jahren setzen wir im ZEGG zunehmend und bewusst auf freie Software - die Umstellung ist ein ständiger Prozess. Beispiele sind das Officepaket LibreOffice oder das Betriebssystem Linux. Im vergangenen Jahr haben wir begonnen, für die genutzten Softwarepakete auch zu spenden. Warum ist uns das wichtig - und wo genau liegt der Unterschied zu "unfreier" Software?
Zunächst ein weit verbreitetes Missverständnis: Freie Software ist oft, aber nicht notwendigerweise kostenlos. "Frei" steht für "Freiheit", nicht für "kostenfrei". Freiheit bedeutet: Der Quellcode ist frei zugänglich, jeder darf ihn lesen, auf Fehler oder Sicherheitslücken untersuchen, abändern und für eigene Softwareprojekte weiterverwenden. Damit kann man freie Software als "Commons" verstehen, als Gemeingut. Vereinfacht gesagt: sie gehört allen Menschen gemeinsam, niemand wird von ihrer Nutzung ausgeschlossen. Das hat insbesondere im globalen Süden eine Bedeutung: Graswurzelbewegungen oder Menschen mit sehr geringem Einkommen haben so Zugang zu hochwertiger Software, die sie sich in einer Marktlogik nie leisten könnten.
Die Entwicklung und Pflege von freier Software geschieht zu einem erheblichen Teil ehrenamtlich - benötigt aber trotzdem Geld. Dieses Geld wird zu einem großen Teil durch Spenden aufgebracht. Auch das ist ein wesentlicher Teil von "Freiheit": dass die Weiterentwicklung nicht von Einzelnen abhängt, die finanzielle Unterstützung an die Berücksichtigung eigener Interessen knüpfen. Nutzung und "Energieausgleich", wie wir im ZEGG sagen, sind durch die spendenbasierte Finanzierung voneinander entkoppelt. Wenn aber viele Menschen solche Software nutzen, ohne eine finanzielle Gegenleistung erbringen zu können, so ist es an uns, die wir relativ leicht geben können, einen Beitrag zu leisten.
Deshalb haben wir im vergangenen Jahr entschieden, pro Softwarepaket und Arbeitsplatz, auf dem es installiert ist, 5€ zu spenden. Konkret haben wir in der ZEGG-Verwaltung und dem Internetcafé gezählt, wie häufig Firefox, Thunderbird, LibreOffice und Linux installiert sind, und einen entsprechenden Betrag an die vier Trägerorganisationen gespendet. Das sind für uns überschaubare Summen, die aber trotzdem einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass die Projekte frei, also unabhängig weiterentwickelt werden können.
Es gibt aber noch einen weiteren Aspekt. Die Mozilla Foundation, die die Weiterentwicklung des Internetbrowsers Firefox sowie des Mailprogramms Thunderbird vorantreibt, setzt sich stark gegen Zensur und Massenüberwachung im Internet ein. Das ist keine Selbstverständlichkeit: zahlreiche Regierungen zensieren unliebsame Meinungen oder üben Repression auf Bürger aus, deren Kommunikation ausgespäht wurde. Marketingfirmen wiederum investieren große Summen, um unser Surfverhalten auszuspähen und die gewonnenen Nutzungsprofile zu verkaufen. Mozilla ist eine einflussreiche Stimme, die politisch Stellung bezieht, aber auch ganz konkrete Maßnahmen umsetzt. So profitieren Nutzer*innen von Firefox beispielsweise von umfangreichen Filtern, die die Auswertung des Surfverhaltens erschweren. Diese Arbeit wird ebenfalls durch Spenden getragen.
Auch im Laufe dieses Jahr werden wir wieder eine Bestandsaufnahme der eingesetzten freien Software machen und anschließend spenden. Vielleicht möchtest du auch mal überlegen, welche freie Software du auf PC oder Smartphone einsetzt und für die du wirklich dankbar bist? Neben den oben genannten ist das vielleicht der Messenger Signal, der VLC Media Player oder der Passwort-Safe Keepass? Und schwupps, schon bist du wieder ein Stückchen mehr Teil des Kulturwandels.
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