ein Werkstattbericht von Christian Bliss
Es ist Montagabend um kurz nach halb Acht und wir lümmeln wie immer auf dem Teppich herum, bis alle da sind. Wenn keine Festivals anstehen, sind die wöchentlichen Treffen der ZEGG-Performance-Gruppe meist recht entspannt und vor allem zum Spaß haben da. Doch dieses Mal ist es anders, denn bald ist DIE Aufführung. Im Sommer hatten wir nämlich bei einem ZEGG-internen Fundraising Eintrittskarten für einen exklusiven Performanceabend sowie einige persönlich gewidmete Stücke versteigert. Und heute ist die letzte Probe.
Es ist die erste abendfüllende Veranstaltung für uns. Unsere Gruppe ist ja eher bekannt dafür, mit kurzen, kreativen und humorvollen Beiträgen auf den Festivals ein Vortragsthema aufzugreifen oder Zusammenhänge darzustellen. Dabei kann es schon mal passieren, dass menschliche oder gesellschaftliche Wahrheiten derart klar und direkt auf den Punkt kommen, dass einem das Lachen im Hals stecken bleibt. Und genau so soll es auch sein.
Seit ihrer (Neu-)Gründung vor knapp drei Jahren ist die Performance-Gruppe stetig gewachsen, und manchmal ist der kreative Output enorm: Erst probieren wir zu einem gegebenen Thema ein bisschen herum, dann bringt jemand eine Idee ein - und plötzlich sind wir alle in einer gemeinsamen schöpferischen Ausrichtung und arbeiten sehr produktiv an einem Plot. Anschließend gibt es Feedback und wir sprechen die Eckpunkte für den finalen Ablauf nochmal durch. Bei Bedarf proben wir die Endversion dann noch einmal. Aber oft auch nicht. Damit es „frisch“ bleibt. Und weil häufig auch die Zeit dafür fehlt. Die meisten Beiträge entstehen ja erst während der Festivals, auf Zuruf vom Festivalteam. Unsere Performance-Göttin Tatjana setzt dann spontan eine Probe an und verschickt dazu eine SMS an alle. Und diejenigen, die dann kommen, sind auch diejenigen, die am nächsten Tag auf der Bühne stehen werden.
Dieses Mal hat Tatjana einen vollgekritzelten Zettel mit allen möglichen szenischen Schnipseln, die sie später zu einem Gesamtablauf zusammenfügen wird. Der Performance-Abend wird etwa anderthalb Stunden dauern und umfasst Elemente aus dem Action Theatre, Tanz- und Bewegungseinlagen, Clownerie, klassischem Improvisationstheater und sketch-ähnlichen Stücken. Es wird ein Probe-Marathon, und es ist wirklich erstaunlich, dass Kreativität und Effizienz sich so gut vertragen.
Einen Tag vor dem Auftritt gibt es noch die obligatorische Email, die eigentlich immer jemand auf den letzten Drücker herumschickt: „Hat jemand noch ne rote Hose?“ – Und dann ist es soweit: Es ist Montag um 20.30 Uhr, das San Diego Café ist voll. Wir verzichten auf Spotlight und Mikrofone, um mehr Nähe zu den Zuschauenden herstellen zu können. Wir wissen nicht, ob alles klappen wird. Aber eines wissen wir: dass wir ein sehr wohlwollendes und dankbares Publikum haben. So wie eigentlich immer.